Viel hilf viel!

Verpflichtende Schnelltests könnten Betrieben helfen, in denen Home Office nicht möglich ist. Doch klare Regelungen fehlen auch nach dem neuesten Corona-Gipfel. Aber das sind wir ja irgendwie gewohnt bei diesen Gipfeln. Eine gesetzlich bestimmte Testpflicht für Unternehmen und Betriebe wurde (wieder) nicht ausdrücklich vereinbart. Voraussichtlich werden aber viele Arbeitgeber Corona-Schnelltests einsetzen und diese als Einlassvoraussetzung verpflichtend einführen. Insbesondere in Betrieben, in denen Home-Office keine Alternative ist (z.B. Logistikzentren, Produktionsbetriebe) oder in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Patienten- oder Kundenkontakt haben, könnten Corona-Schnelltests eine Lösung sein.

Darf der Arbeitgeber das einfach?

Die „Corona-Arbeitsschutzverordnung“ sieht keine Regelungen zu Corona-Schnelltests vor. Vielmehr gelten die bekannten Maßnahmen wie Abstandsregelungen, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sowie weitere Hygienemaßnahmen weiterhin. Zudem müssen die Arbeitsräume regelmäßig gelüftet werden, zehn Quadratmeter pro Person zur Verfügung stehen (wenn die Tätigkeit dies zulässt) und in Betrieben ab zehn Beschäftigten möglichst kleine und feste Arbeitsgruppen gebildet werden. Diese Regelungen gelten vorerst bis zum 30. April dieses Jahres.

In den am Montag gefassten Beschlüssen heißt es zu betrieblichen Schnelltests lediglich: „Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist eine zügige Umsetzung der Testangebote in allen Unternehmen in Deutschland notwendig. Die Tests sollen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, so sie nicht im Homeoffice arbeiten, mindestens einmal und bei entsprechender Verfügbarkeit zwei Mal pro Woche angeboten und auch bescheinigt werden.“ Das ist allerdings nicht mehr als eine Empfehlung. Eine Testpflicht bzw. die Voraussetzungen dafür, dass Arbeitgeber Schnelltests verpflichtend anordnen können, ist damit nicht geregelt. Dazu hätte die Corona-Arbeitsschutzverordnung geändert werden müssen.

Kann die Testpflicht trotzdem angeordnet werden?

Das Infektionsschutzgesetz gibt dazu nichts her. Ohne gesetzliche Grundlage kommt es auf die allgemeinen Grundsätze an. Weitere Rechtsgrundlage könnte § 3 Arbeitsschutzgesetz (ggf. in Verbindung mit § 618 BGB) sein. Dort ist geregelt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.

Das klingt doch schon mal gut. Entsprechend kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die damit korrespondierende Präventionspflicht des Arbeitgebers an.

Der Arbeitgeber könnte eine Testanweisung auch auf das Direktionsrecht (§ 106 GewO) stützen. Bei der Ausübung des sog. Direktionsrechts muss der Arbeitgeber die Interessen der Arbeitnehmer beachten und mit den eigenen Interessen abwiegen. In Konstellationen, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel Kundenkontakt haben oder die Regelungen der aktuellen Corona-Arbeitsschutzverordnung (z.B. regelmäßiges Lüften in der Produktionshalle) aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten nicht umsetzbar sind, können Arbeitgeber die Durchführung eines Corona-Schnelltests anordnen. Jedenfalls, wenn keine anderen geeigneten Schutzmaßnahmen getroffen werden können. Außerdem sind die Beeinträchtigungen der Mitarbeiterinteressen durch die inzwischen angebotenen Schnelltests im vorderen Nasenbereich ja auch nicht erheblich, da sie keinen spürbaren körperlichen Eingriff darstellen. Und ein freiwilliger Test geht grundsätzlich immer.

Verlangt der Arbeitgeber Tests, muss er die Kosten tragen

Wie oft eine solche Testpflicht verlangt werden darf, ist noch nicht geklärt. Rechtsprechung gibt es hierzu bislang noch nicht. Die Beschlüsse des jüngsten Gipfels sehen vor, dass Schnelltests mindestens einmal und bei entsprechender Verfügbarkeit zwei Mal pro Woche angeboten werden sollen. Je nach Einzelfall kann dies sogar täglich sein.

Sollte der Arbeitgeber eine Testpflicht verlangen, dann muss er – so jedenfalls sind die Beschlüsse zu verstehen – die entsprechende Logistik hierfür zur Verfügung stellen und auch die damit verbundenen Kosten tragen.

Beim Datenschutz beachten:  Persönlichkeitsrechte vs. Fürsorgepflicht

Neben den arbeitsrechtlichen, sind auch datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. Das Durchführen von Schnelltests stellt eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten dar, die einer Rechtsgrundlage bedarf. Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten regelt § 26 Abs. 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Demnach ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich sind und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Darüber hinaus regelt auch § 22 Abs. 1 lit b) BDSG, dass zum Zweck der Gesundheitsvorsorge und für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten eine Datenerhebung zulässig sein kann.

Fazit: Die Durchführung von Schnelltests kann nach erfolgter und dokumentierter Interessenabwägung auf die genannten Normen gestützt werden. Der Zweck eines Schnelltests dient dazu, die Pandemie einzudämmen und andere – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. Kundinnen und Kunden – vor Ansteckung am Arbeitsplatz zu schützen.

Wenn im Unternehmen ein Betriebsrat besteht, dann sollte mit dem Betriebsrat eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden.

Spannend wird es, wenn Arbeitnehmer die Durchführung eines rechtmäßigen Schnelltests verweigern, dann kann ihnen der Zutritt zum Arbeitsplatz verweigert werden, sodass der Vergütungsanspruch entfällt. Hierzu hat bereits das Arbeitsgericht Offenbach in einem einstweiligen Verfügungsverfahren (Beschl. v. 04.02.2021, Az.:4 Ga 1/21) entschieden, dass Arbeitnehmern in einem solchen Fall, der Zutritt zum Betrieb verwehrt werden darf. Allerdings stützte das Gericht seine Entscheidung allein auf formelle Argumente, sodass eine inhaltliche Auseinandersetzung noch aussteht.

Umgang mit Testergebnissen?

Gesundheitsdaten sind hochsensibel und können nur mit Einwilligung des Mitarbeiters oder wenn und nur solange der Schutz der anderen Beschäftigten es gebietet, erhoben und verarbeitet werden (Art. 6 Abs. 1c, Art. 9 Abs. 1, 4 DS-GVO, §§ 26 Abs. 3 S. 1, 22 Abs. 1 Nr. 1b BDSG). Wenn Behörden das Unternehmen um Auskunft bitten, z.B. im Zusammenhang mit einem infizierten Beschäftigten, darf und muss der Arbeitgeber die gewünschten Daten übermitteln.

Bei Fragen, Anregungen – gerne melden.

Thomas Lang