Arbeiten in Zeiten des Coronavirus
Einige Hinweise zum Datenschutz und zu arbeitsrechtlichen Fragestellungen
Ist eine Anweisung im Home-Office zu arbeiten möglich?
Voraussetzung: betriebliche Regelung
Hier stellt sich zunächst die Frage, ob im Betrieb die Arbeit im Home-Office vertraglich/betrieblich vereinbart ist, etwa in einer IT-Nutzungs-Richtlinie oder in einer Betriebsvereinbarung. Dann ist eine entsprechende Anordnung des Arbeitgebers möglich.
Fehlt eine entsprechende Regelung, dürfte der Arbeitgeber die Arbeitnehmer „eigentlich“ nicht auf die Nutzung des Home-Office verweisen. Hier bleibt dann aber noch der Weg über das Direktionsrecht die Arbeit im Home-Office anzuordnen. Solche Ausnahmefälle dürften vorliegen, sofern im Büro eine akute Ansteckungsgefahr bestünde, etwa weil er sich vor kurzem in einem Risikogebiet war oder sogar flächendeckende Quarantänemaßnahmen durch die Behörden angeordnet wurden.
Voraussetzungen für die Arbeit im Home Office
Sollen Arbeitnehmer in Fällen von Quarantänemaßnahmen im Home-Office arbeiten, sollte der Arbeitgeber hierfür bereits im Vorfeld die notwendigen tatsächlichen, technischen und rechtlichen Maßnahmen ergreifen, damit die Arbeitnehmer auch tatsächlich von zu Hause aus tätig werden können.
In jedem Fall sind klare organisatorische Anweisungen zu empfehlen, damit Unternehmensdaten zu keinem Zeitpunkt von unberechtigten Dritten (auch Familienmitglieder sind unberechtigte Dritte), eingesehen, kopiert oder gelöscht werden.
Home Office ohne firmeneigene Hardware
Wenn private Hardware im Home Office eingesetzt wird, birgt das immer Risiken. Hundertprozentige Sicherheit ist ohnehin eine Illusion, aber zumindest können Risiken minimiert werden. In jedem Fall ist eine klare Trennung von privater und beruflicher Nutzung sehr zu empfehlen. Ansonsten könnten durch die private Nutzung hervorgerufene Sicherheitsprobleme die Sicherheit des Unternehmens tangieren – oder umgekehrt.
Der private PC muss auf dem aktuellen Stand sein:
Updates von Betriebssystem und Anwendungssoftware sollte zeitnah eingespielt werden. Insbesondere gilt dies für Anwendungen, wie den Internetbrowser, den Virenschutz und andere Sicherheitssoftware (z.B. VPN Client, Firewall, …) Gleiches gilt für den Router bzw. dessen Betriebssystem, mit dem die Interverbindung hergestellt wird.
Der private PC muss kennwortgeschützt sein:
Es ist zu empfehlen, dass für betriebliche Aufgaben ein eigenes Nutzerkonto mit sicherem Passwort verwendet wird. Dieses Nutzerkonto dürfen Dritte (wie Familienmitglieder) nicht verwenden.
Bei Verlassen den Heimarbeitsplatzes, auch bei kurzzeitigem Verlassen, muss der Bildschirm gesperrt werden. Wichtig ist auch, den Rechner nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Ebenso sollen keine Dritten während der Arbeit „Über die Schulter schauen“.
- Die Verwendung privater Geräte wird immer mit einem erhöhten Risiko verbunden sein, zudem entziehen sich private Geräte in der Regel einer Kontrolle. Ob und inwiefern private Geräte im Home Office eingesetzt werden, sollte im Vorfeld gut abgewogen werden.
- Auf jeden Fall sind klare Regeln aufzustellen und technischer Support zu leisten, um Risiken zu minimieren. Geeignete Technologien sind mittlerweile in allerlei Ausführung verfügbar, verhaltensbedingte Risiken kann diese Technik aber nicht ausschalten.
VPN-Verbindung auf Laufwerke
Um auf Dateien zuzugreifen und diese zu speichern, bietet sich die Einrichtung eines Netzlaufwerks mit VPN-Zugriff an. In diesem Fall bleiben Dateien im Einflussbereich des Unternehmens, nur eine temporäre Zwischenspeicherung zur Bearbeitung erfolgt auf dem privaten Gerät. Wichtig ist an dieser Stelle alle Beschäftigten zu sensibilisieren und anzuweisen, dass Dateien nicht auf dem privaten Gerät gespeichert werden dürfen.
E-Mail-Abruf auf privaten Geräten
Beschäftigte, die ohnehin ein Firmennotebook verwenden, können in der Regel das betriebliche E-Mail-Konto und die benötigten Anwendungen auf diesem per VPN oder Remote Desktopnutzen. Für Beschäftigte, die ohne Firmenhardware im Homeoffice arbeiten und keine Möglichkeit für das Arbeiten mit einem Remote Desktop haben, müssen einige Voraussetzungen geschaffen werden.
- Keine Nutzung privater E-Mail-Konten
Auch in einer Quarantänesituation dürfen private E-Mail-Adressen nicht für betriebliche Zwecke verwendet werden. Datenschutzrechtlich gesehen verlassen die Daten bei der Verwendung privater E-Mail-Konten den Einflussbereich des Arbeitgebers.
- E-Mail-Abruf per Web-Access
Am einfachsten dürfte sich der Zugriff über einen Webclient gestalten, so kann geräteunabhängig auf das E-Mail-Konto zugegriffen werden. Die E-Mails werden auch nicht lokal auf einem E-Mail-Client (z.B. Outlook, Thunderbird) gespeichert und verbleiben auf dem Server des Arbeitgebers. Natürlich birgt auch dies Gefahren, beispielsweise wenn sich ein Trojaner, Keylogger oder vergleichbare Malware auf dem Gerät befindet. Daher ist es ungemein wichtig, dass ein Gerät über einen aktuellen und guten Virenschutz verfügt.
Herunterladen von Anhängen
Anhänge werden insbesondere datenschutzrechtlich relevant, wenn es sich beispielsweise um Listen mit personenbezogenen Daten handelt. Zum Beispiel Einsatzpläne, Urlaubskalender und vergleichbar. Um die Anhänge zu öffnen, müssen diese zumindest vorübergehend lokal auf einem privaten Gerät geöffnet und gespeichert werden. Hier hilft im Notfall nur eine konkrete Anweisung, die Daten nur vorübergehend lokal zu speichern und den Zugriff durch Dritte (wie Familienmitglieder) zu verhindern. Natürlich müssen derartige Daten nach der Bearbeitung wieder vom privaten Gerät gelöscht werden.
Arbeiten mit Remote-Desktop
- Insofern eine Technologie für den Zugriff auf einen Remote Desktop (virtuelle Arbeitsumgebung) im Unternehmen vorhanden ist, sollte diese konsequent genutzt werden. Der Beschäftigte holt sich seinen Arbeitsplatzrechner quasi per Internet auf den eigenen PC, dieser dient dabei nur als „Fenster“.
- Eine Remote Desktop Umgebung hat gegenüber der Arbeit auf dem Betriebssystem des privaten PCs erhebliche Vorteile. Über den Remote Desktop befindet sich der Arbeitnehmer im Netzwerk und Betriebssystem des Unternehmens und kann alle Anwendungen wie gewohnt verwenden. Daten bleiben im Einflussbereich des Unternehmens, das Risiko des Zugriffs durch unberechtigte Dritte wird minimiert.
Telefonanlage: Büro-Rufnummern im Homeoffice
Im Idealfall telefonieren Mitarbeiter im Homeoffice zuhause genauso wie im Büro: Unter ihrer beruflichen Rufnummer sind sie erreichbar und bei eigenen Telefonaten erscheint die berufliche Rufnummer und nicht die Privatnummer. Dies muss die Telefonanlage im Unternehmen regeln: Prüfen Sie, welche Möglichkeiten die Telefonanlage dazu bietet. Auf VoIP („Voice over IP“) basierende Telefonanlagen bieten hier üblicherweise eine hohe Flexibilität. Ggf. müssen auf den Smartphones der Mitarbeiter Apps installiert werden, mit denen die Trennung von privaten und beruflichen Rufnummern gelingt.
Bezahlte Freistellung bei Schließung von Kitas / Schulen. Ist der Arbeitnehmer zu vergüten?
Bei Krankheiten von nahen Angehörigen oder des Ehepartners sind AN von der Arbeit freizustellen. Gemäß § 616 S. 1 BGB bestünde in solchen Fällen eine Pflicht den Arbeitnehmer zu vergüten, soweit der Umfang des Arbeitsausfalls nicht unverhältnismäßig ist. Ist die Anwendung des § 616 BGB arbeitsvertraglich ausgeschlossen, fehlt ein Arbeitnehmer der zur Pflege/Beaufsichtigung von Angehörigen zu Hause bleibt „an sich“ unentschuldigt, dann bestünde eigentlich auch keine Vergütungspflicht des Arbeitgebers.
Speziell für Kinder unter zwölf Jahren gilt aber, dass Erziehungsberechtigte gemäß § 45 SGB V einen Anspruch auf Freistellung von in der Regel 20 Tagen im Jahr haben.
Muss ein in Quarantäne befindlicher Arbeitnehmer vergütet werden?
Hier kommt es zunächst darauf an, ob der Arbeitnehmer tatsächlich erkrankt ist oder ob die Quarantäne nur als „Vorsichtsmaßnahme“ angeordnet wurde. In letzterem Fall besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da es an einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 3 EFZG fehlt. Der Arbeitnehmer kann aber gemäß § 56 Infektionsschutzgesetz („IfSG“) einen Entschädigungsanspruch gegen die Behörden haben, wenn ein Beschäftigungsverbot gemäß § 31 IfSG angeordnet wurde. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass gemäß § 56 Abs. 5 IfSG zunächst der Arbeitgeber verpflichtet ist, diese Entschädigungszahlungen an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Der Arbeitgeber kann diese Zahlung dann aber auf Antrag von den Behörden zurückverlangen.
Ist der Arbeitnehmer in Quarantäne tatsächlich erkrankt und daher arbeitsunfähig, besteht aufgrund dieser Erkrankung ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 3 EFZG. Es empfiehlt sich für den Arbeitgeber, zumindest einen Antrag auf Übernahme der Entgeltfortzahlungskosten gegenüber der Behörde zu stellen.
Besteht Vergütungspflicht trotz Beschäftigungswegfall (Kunden bleiben aus etc.)?
Kann der Geschäftsbetrieb faktisch nicht aufrechterhalten werden, behalten die Arbeitnehmer ihren Vergütungsanspruch. Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich das sogenannte „Betriebsrisiko“, also das Risiko die Arbeitskraft des Arbeitnehmers sinnvoll einzusetzen. Auch „coronabedingte“ Absagen von Kunden oder ausbleibende Warenlieferungen sind insofern keine Ausnahme.
Die Anordnung von „Betriebsurlaub“, kann sich als aus Gründen der Schadensminimierung empfehlen.
Berechtigt der konjunkturelle Einbruch zum Bezug von Kurzarbeitergeld?
Die allgemeine konjunkturelle Eintrübung kann zum Bezug von Kurzarbeitergeld berechtigen. Die Arbeitsagentur würde in diesem Fall prüfen, ob „wirtschaftliche Gründe“ für den Bezug von Kurzarbeitergeld vorliegen.
Auch hier gilt aber: Der Arbeitgeber hat vorrangig Maßnahmen zu ergreifen, durch die Kurzarbeit verhindert werden kann.
Was kann und muss der Arbeitgeber tun?
- Empfehlung der Nutzung des eigenen Pkw statt öffentlicher Verkehrsmittel;
- Einrichten von Einzelbüros bzw. Vergrößern der Abstände zwischen Arbeitsplätzen in Großraumbüros;
- Verstärktes Einrichten und Nutzen von Heim-/Telearbeit, Telefon-/Videokonferenzen statt persönlicher Besprechungen.
Gesteigerte Hygienepflichten, wie z.B.
- Unterlassen des Händegebens zur Begrüßung.
- Häufigeres Händewaschen.
- „Husten-Etikette” (Verbot des offenen Hustens/Niesens, sondern in Ellenbogen o
- Hände möglichst nicht ins Gesicht nehmen.
- Regelmäßiges Lüften geschlossener Räume.
- Bereitstellen und Nutzen von Desinfektionsmitteln.
- Je nach Kontext und Arbeitsplatz: Nutzen persönlicher Schutzausrüstungen wie Mund-/Nasenschutzmasken bzw. Atemschutzmasken (Klasse FFP 2/3, Bedarf ca. 3–4 pro Mitarbeiter/Tag), Handschuhe, Schutzanzüge.